Katharina Löwenherz

Yoga und Sonderpädagogik

Psychomotorik im Kindergarten: die unterschätzte Basis der kindlichen Entwicklung

Viele Eltern hören den Begriff „Psychomotorik zum ersten Mal im Kindergarten oder bei einer Entwicklungsberatung und wissen oft gar nicht, was genau dahintersteckt. Dabei ist Psychomotorik eine der grundlegendsten Ansätze der Fördermöglichkeiten überhaupt. Sie verbindet Bewegung, Wahrnehmung und Gefühl und stärkt damit das, worauf jede weitere Entwicklung eines Kindes aufbaut.

In diesem Artikel erfährst du, was Psychomotorik eigentlich ist, wie sie wirkt, warum Psychomotorik für Kinder und Eltern so wertvoll ist und weshalb dieses Thema trotzdem noch so unbekannt ist.

psychomotorik im kindergarten

Was ist Psychomotorik?

Psychomotorik beschreibt das Zusammenspiel von Bewegung (Motorik) und psychischen Prozessen wie Wahrnehmung, Emotionen, Denken und Selbstbild. Psychomotorik geht davon aus, dass Bewegung und Wahrnehmung die Grundlage jeder Entwicklung sind.

Bevor ein Kind sprechen, lesen, schreiben, logisch denken oder soziale Beziehungen aufbauen kann, braucht es ein sicheres Körpergefühl, Gleichgewicht, Koordination und die Fähigkeit, Reize zu verarbeiten. Das wird als Basis und Fundament in der kindlichen Entwicklung gesehen.

Typische Inhalte einer psychomotorischen Förderung sind:

  • Spiele zur Körperwahrnehmung
  • Klettern, Balancieren, Springen
  • Materialerfahrungen (Bälle, Tücher, Reifen, Kisten etc.)
  • Kreative Bewegungslandschaften
  • Kooperations- und Interaktionsspiele
  • Entspannungs- und Wahrnehmungseinheiten

Der Fokus liegt bei psychomotorischen Fördereinheiten nie auf Leistung und Druck, sondern immer auf Erfahrung, Selbstwirksamkeit und Freude an Bewegung.

Was Psychomotorik bewirkt

Psychomotorik wirkt ganzheitlich und stärkt Körper, Gehirn, emotionale  – und soziale Kompetenzen gleichzeitig.

Körperliche Entwicklung

  • Verbesserung von Gleichgewicht und Koordination
  • Aufbau stabiler Bewegungsmuster
  • Stärkung von Muskelkraft und Körperspannung
  • Förderung der Handmotorik (später wichtig für Schreiben!)

Kognitive Entwicklung

  • Konzentrationsfähigkeit
  • räumliches Denken
  • Problemlösekompetenzen
  • Gehirnreifung durch Bewegung (Bewegung ist Gehirnentwicklung)

Emotionale Entwicklung

  • Stärkung des Selbstbewusstseins
  • bessere Emotionsregulation
  • Abbau von Ängsten
  • Mut, Neues auszuprobieren

Soziale Entwicklung

  • Teamfähigkeit
  • Empathie
  • Regeln verstehen und einhalten
  • Konflikte lösen

Psychomotorik stärkt in Summe die Wurzeln aus denen Selbstständigkeit und Lernfähigkeit wachsen.

Warum Psychomotorik so sinnvoll für die kindliche Entwicklung ist

Kinder erleben sich selbst als kompetent, mutig und stark. Sie dürfen ausprobieren, scheitern und ohne Druck Neues erproben. In einer durchgetakteten Welt voller Medienreize ist Psychomotorik ein Raum, der echte Erfahrungen ermöglicht.

Eltern verstehen damit besser, wie ihr Kind denkt, fühlt und handelt, was es braucht und welche Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen die Entwicklung unterstützen.

Viele Eltern berichten, dass sie ihr Kind nach psychomotorischen Einheiten ausgeglichener, offener und selbstbewusster erleben. Es ist ein starker Kontrast zur Schulkasse in der Kinder 50 Minuten stillsitzen müssen. Bewegtes lernen ist in der Psychomotorik essenziell.

Warum kennen Psychomotorik so wenige?

Obwohl Psychomotorik wissenschaftlich gut belegt und pädagogisch hochwirksam ist, bleibt sie erstaunlich unpopulär. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Sie ist nicht „lukrativ“ im klassischen Sinne

Psychomotorik ist präventiv und verhindert Entwicklungsauffälligkeiten, bevor sie entstehen oder sich vergrößern. Im Gesundheits- und Therapiesystem wird jedoch oft erst bei Problemen systematisch unterstützt. Prävention wird weniger finanziert und hat weniger Lobby.

Sie ist ganzheitlich und lässt sich schwer in „Schubladen“ stecken

Während viele Förderformen klar in Bereiche eingeteilt sind (Logopädie, Ergotherapie, Lerntherapie) arbeitet Psychomotorik übergreifend. Genau das macht sie so wertvoll, aber auch schwer zu vermarkten.

Wenig politische Unterstützung

Obwohl Bewegung als Entwicklungsgrundlage bekannt ist, fehlt es an verbindlichen Konzepten in Kindergärten und Schulen. Psychomotorik wäre ein Gamechanger, doch sie erfordert Zeit, Raum und vorallem entsprechend geschultes Personal.

Manche Fachrichtungen sehen Psychomotorik als Konkurrenz

Psychomotorik könnte vielen Kindern helfen, bevor sie überhaupt Therapie benötigen.
Das heißt nicht, dass Therapien „unnötig“ wären, ganz im Gegenteil. Aber es stimmt, dass viele kleine Probleme sich erledigen würden, wenn Kinder frühzeitig bewegungs- und wahrnehmungsorientiert begleitet werden könnten.

Das erklärt teilweise warum Psychomotorik bislang noch keine breite Öffentlichkeitspräsenz erhalten hat.

Fazit: Psychomotorik ist wie ein ungeschliffener Diamant

Psychomotorik ist eine der wirksamsten, natürlichsten und kindgerechten Methoden, um Entwicklung zu fördern. Sie stärkt Kinder körperlich, emotional, sozial und kognitiv – und gibt Eltern ein tieferes Verständnis dafür, was ihre Kinder wirklich brauchen. Je mehr Menschen darüber wissen, desto eher kann Psychomotorik den Platz in der öffentlichen Wahrnehmung und Gesellschaft bekommen, den sie verdient, als Fundament gesunder, selbstbewusster und lernfähiger Kinder.

Haben Sie Kinder, die professionelle Unterstützung benötigen? Dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu mir auf. Gerne können wir über Ihre Möglichkeiten sprechen.

Katharina Löwenherz

Yoga und Sonderpädagogik