Katharina Löwenherz

Yoga und Sonderpädagogik

Hilfe für Eltern mit aggressiven Kindern

Hilfe! Mein Kind zeigt aggressives Verhalten – zu Hause, im Kindergarten oder in der Schule. Wenn Kinder schlagen, schreien oder andere verletzen: Was steckt wirklich dahinter?

Eltern, Pädagog:innen und Lehrer:innen kennen diese Situation: Ein Kind schlägt plötzlich zu, schreit wütend, wirft mit Spielzeug oder verletzt sich selbst. Es kann tief verunsichern, wenn das eigene Kind – sonst fröhlich, neugierig und offen – in bestimmten Momenten scheinbar unkontrolliert aggressiv wird.

Doch hinter dem Verhalten steckt mehr als Trotz oder böser Wille. Um adäquat zu reagieren, ist es wichtig zu verstehen, warum Kinder aggressiv handeln – und wie man sie darin begleiten kann, gesunde Strategien zu entwickeln.

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Aggressives Verhalten: Was bedeutet das eigentlich?

Aggression ist kein pauschal negatives Verhalten – sie gehört zur menschlichen Entwicklung dazu. Aggression hilft uns, uns abzugrenzen, für unsere Bedürfnisse einzustehen und uns gegen gefühlte Bedrohungen zu schützen.

Problematisch wird es dann, wenn Aggression regelmäßig auftritt, sich gegen andere oder das Kind selbst richtet, verletzend oder zerstörerisch wird und das Umfeld dauerhaft belastet.

Zwei Hauptformen von Aggression: Proaktiv vs. Reaktiv

1. Proaktive (kalte) Aggression

Diese Form ist geplant, zielgerichtet und nicht emotional aufgeladen. Sie wird eingesetzt, um einen Vorteil zu erreichen oder einen Nachteil zu vermeiden.

Beispiel: Ein Kind schlägt ein anderes, um ein Spielzeug zu bekommen – ohne Wut, sondern strategisch.

Motiv: Kontrolle, Macht, Beute, Aufmerksamkeit.

2. Reaktive (feindselige, emotionale) Aggression

Hier reagiert das Kind aus dem Affekt heraus auf eine als bedrohlich empfundene Situation. Es fühlt sich überfordert, hilflos, wütend – und hat keine andere Strategie, um seine Emotionen zu regulieren. Beispiel: Ein Kind wird ausgelacht, fühlt sich gekränkt und haut impulsiv zu. Reaktive Aggression ist oft ein Hilferuf.

Aggression als Aufmerksamkeitssignal

Manche Kinder erleben durch ihr aggressives Verhalten, dass sie endlich gesehen und gehört werden. Sie erleben: „Wenn ich laut bin, passiert etwas die Erwachsenen registrieren mich.“ Die Aggression wird dann (unbewusst) zu einem Machtinstrument: „Jetzt habe ich Kontrolle – ich bin der Starke.“

Hier entsteht die Dynamik vom sogenannten „Alphatier“, das in der Gruppe dominiert, Aufmerksamkeit erzwingt oder andere unter Druck setzt oft als Kompensation für Unsicherheit oder emotionale Not.

Weitere Formen von Aggression im Kindesalter

Verdeckte Aggression

Nicht alle Aggressionen sind laut und offensichtlich. Manche zeigen sich subtil – z. B. in Zeichnungen, Spielhandlungen oder stillen Rückzügen. Diese Kinder sprechen oft nicht über ihre Wut, drücken sie aber indirekt aus.

Umgeleitete Aggression

Die Wut richtet sich nicht gegen die tatsächliche Ursache, sondern wird an Unbeteiligten ausgelassen. Beispiel: Ein Kind wird vom Vater angeschrien – im Kindergarten schlägt es plötzlich ein anderes Kind, das gar nichts damit zu tun hat.

Relationale Aggression (v. a. bei Mädchen)

Diese Form äußert sich durch soziale Ausgrenzung, emotionale Erpressung oder verbale Androhungen: „Dann bist du nicht mehr meine Freundin!“„Du darfst nicht zu meiner Party kommen!“ Oft schwerer zu erkennen, aber genauso belastend.

Selbstverletzendes Verhalten

Einige Kinder richten ihre Wut gegen sich selbst. Sie schlagen sich, reißen sich die Haare aus, kratzen sich oder beißen sich. Auch hier steckt meist ein tiefes emotionales Ungleichgewicht dahinter – oft gepaart mit Hilflosigkeit oder dem Wunsch, sich zu spüren.

Typische Auslöser für Aggression bei Kindern

  • Frustration: Pläne oder Wünsche können nicht umgesetzt werden.
  • Grenzen testen: „Wie weit kann ich gehen?“
  • Aufmerksamkeitssuche: „Ich will nicht übersehen werden.“
  • Konflikte: z. B. um Spielzeug, Raum, Zugehörigkeit.
  • Überforderung: zu viele Reize, zu hohe Anforderungen.
  • Familiäre Belastungen: z. B. Trennung, Streit, Druck.
  • Eifersucht: besonders auf Geschwister.
  • Unfaire oder unklare Regeln: Das Kind versteht nicht, was erwartet wird.
  • Risikofaktoren, die aggressives Verhalten begünstigen können
  • Entwicklungsstörungen (z. B. Autismus, ADHS)
  • Psychisch belastete Eltern (z. B. Depression, Sucht)
  • Überforderter Erziehungsstil (z. B. inkonsequent, ohne klare Regeln)
  • Aggressionsvorbilder: Das Kind erlebt Gewalt oder Aggression in der Familie
  • Medienkonsum: Gewalt in Games, Serien oder YouTube
  • Fehlendes Emotionsverständnis: Das Kind kann Mimik und Körpersprache nicht deuten
  • Konditionierung: Aggressives Verhalten wurde ungewollt verstärkt (z. B. durch Aufmerksamkeit)

Haben Sie Kinder, die professionelle Unterstützung benötigen? Dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu mir auf. Gerne können wir über Ihre Möglichkeiten sprechen.

Wie können Eltern und Fachkräfte angemessen reagieren?

Aggression als Signal erkennen, nicht nur bestrafen. Fragen statt urteilen:

  • „Was ist passiert?“
  • „Was hat dich so wütend gemacht?“
  • „Was brauchst du gerade?“

Emotionale Kompetenz fördern

Kinder müssen lernen, ihre Gefühle zu erkennen und auszudrücken. Unterstütze sie dabei, Worte für Wut, Trauer, Enttäuschung zu finden.

Alternative Handlungsstrategien anbieten

Beispiele:

  • Wutkissen schlagen
  • Kneten, malen, rennen
  • Eine „Wutpause“ einführen (kein Rauswurf, sondern Selbstregulation)
  • Konsequenz, nicht Strafe

Grenzen sind wichtig – aber sie müssen liebevoll und klar sein

  • Statt: „Geh auf dein Zimmer!“
  • besser: „Ich sehe, du bist wütend. Wir reden darüber, wenn du wieder ruhiger bist.“

Beziehungsorientierung statt Machtkampf

Kinder brauchen Beziehung und Bindung – gerade dann, wenn sie sich nicht „gut benehmen“.

Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist

Wenn die Aggression regelmäßig auftritt und stark eskaliert, das Kind selbst oder andere gefährdet, zu Rückzug, Schulangst oder Isolation führt oder Eltern/Fachkräfte dauerhaft überfordert, sollte eine Abklärung durch Kinderpsycholog:innen, Therapeut:innen oder sozialpädagogische Fachstellen erfolgen.

Wenn Sie Interesse an einer Sozialen Kompetenz Gruppe haben, dann kontaktieren Sie mich einfach und unverbindlich.

Fazit

Kinder wollen nicht „böse“ sein – sie brauchen Hilfe, gesehen zu werden. Aggression ist oft eine laute Form von Hilflosigkeit. Sie zeigt: „Ich komme mit meinen Gefühlen nicht klar – helft mir!“

Statt in Schimpfen, Strafen oder Hilflosigkeit zu verharren, braucht es Erwachsene, die bereit sind, hinzusehen, zu verstehen und zu begleiten.

Denn jedes aggressive Kind ist in Wirklichkeit ein Kind in Not.

  • In Kürze – Was hilft bei aggressivem Verhalten?
  • Ursachen verstehen (nicht nur Verhalten bewerten)
  • Gefühle benennen helfen
  • Alternativen zur Wut zeigen
  • Frühzeitig begleiten statt warten
  • Eltern und Kindergarten/Schule gemeinsam ins Boot holen

Katharina Löwenherz

Yoga und Sonderpädagogik